A Perception

Beschreibung

  • Art house movie, 82 minutes, Germany 2015
  • written and directed by Daniel Pfander - head of production

Besetzung

  • Count Hermes Phettberg
  • Count‘s son Rainer Meifert
  • girlfriend of Count‘s son Hanni Bergesch
  • daughter of girlfriend of the Count‘s son Paulina Weiner
  • Count‘s young employee Henning Gronkowski
  • hitman Frank Künster

Handlung

Ein verschuldeter, depressiver und körperlich behinderter Gutsherr (Hermes Phettberg) vegetiert auf seinem völlig heruntergekommenen Familienanwesen dahin. Die einzige Person, die bei ihm geblieben ist, ist der Sozialarbeiter Jean-Jacques (Henning Gronkowski), der sich liebevoll um das lüsterne Wrack kümmert.

Der Gutsherr hat nur noch einen Wunsch – er möchte verzweifelt sein einziges Kind sterben sehen, damit seine Blutlinie ausgelöscht wird. Er bittet Jean-Jacques, seinen Sohn zu ermorden, im Gegenzug soll er als alleiniger Erbe im Testament eingesetzt werden. Der Auserwählte nimmt das nicht ernst, doch der alte Gutsherr gibt nicht nach und setzt alles daran, die mörderische Wut in dem jungen Mann zu entfachen.

Konstantin (Rainer Meifert), der schwer kokainabhängige Sohn des Gutsherrn, ist ein Taugenichts, der 20 Jahre lang ziellos um die Welt gereist ist. An einem Wochenende kehrt er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Nadja (Hanni Bergesch), einer alternden Prostituierten, und deren pubertierender Tochter Grace (Paulina Weiner) zum Familiensitz zurück. Doch der Sohn hat schwere Lasten mitgebracht. Er hat Drogen von einer gefährlichen Bikergang gestohlen und will diese in Polen verkaufen.

Bilder

premiere

Vienna, Berlin, 2015 Viennale Film Festival

press

public perception

crowdfunding

advertising campaign for sponsorship

Rezension

An immortal perception review of the film "A Perception"

Zunächst, die Handlung des Dramas ist kurz erzählt: Ein gehbehinderter alter Gutsherr (Hermes Phettberg) residiert in der Einöde seines halbverfallenen Schlosses in Pommern. Er ist ist über seinen einzigen drogendealenden Sohn (Rainer Meifert) dermaßen enttäuscht, dass er seinem Pfleger Jean-Jaques (Hennig Gronkowski) überredet, denselben aus dem Weg zu räumen, damit dieser an Sohnes statt eine neue Blutslinie gründet, quasi als der Nachkomme, den der Alte sich immer gewünscht hat. Freilich, mit einer Einschränkung: der allseits sichtbare Verfall des Gutes Hohenholz, darf unter keinen Umständen verändert werden, tristesse oblige. So nimmt das Verhängnis seinen Lauf, denn in der schwülen pommerischen Hitze des August erscheint der Sohnemann mit seiner Geliebten, einer Prostituierten (Hanni Bergesch) und ihrer erblühten Tochter (Paulina Weiner). Die Gemüter erhitzen sich, alte und neue Konflikte brechen auf und so kommt es schließlich zum unvermeidbaren finalen letzten Akt des Dramas.

Was Daniel Pfander mit den begrenzten Mitteln seines nicht geförderten Films gelingt, ist erstaunlich bemerkenswert. Geschickt versteht er es, die Kulisse des halbverfallenen Herrenhauses mit seinem Hauptdarsteller Hermes Phettberg in einer harmonischen Synthese zu verschmelzen, sodass die Illusion von abgewirtschafteten Mensch und Ort perfekt scheint. Dabei führt der Film anfangs behutsam in die bizarre Welt des schrulligen Alten und seines Pflegers ein; ein keusches Liebesverhältnis zwischen Bedürftigen und Helfer, das sinnliche Momente in sich birgt und poetische Inspiration konnotiert. So z.B. als der Alte unter der Dusche steht und von seinem Pfleger geduldig gewaschen wird oder der Graf dem jungen Mann beim Baden im nahen Teich sehnsuchtsvoll zusieht. Trotz dieser vom Tod-in-Venedig gefärbten Szene (die durchaus Gronkowskis nackten Hintern vertragen hätte können), entwickelt der Film seine eigene Identität, ohne dabei ins Sentimental-Kitschige abzudriften, wie dies bei den meisten schwulen Filmen der Fall ist. Es wäre jedoch ein Fehler, den Film allein auf dieses Genre zu beschränken, denn in erster Linie handelt es sich um die Darstellung von zwischenmenschlichen Beziehungen mit allen ihren Höhnen und Tiefen vor dem Hintergrund des endgültigen finanziellen Ruins. Dass es Hermes Phettberg dank seiner menschlichen Größe dabei gelingt trotz seiner Forderung nach Auslöschung der eigenen Blutslinie, das Publikum auf seine Seite zu ziehen und die Figur des Grafen als sympathisches warmherziges Familienoberhaupt darzustellen, ist eine der besonderen Stärken dieses Streifens. Obwohl von mehreren Schlaganfällen gezeichnet, beeindruckt das einst so wortgewaltige Sprachgenie allein durch die inversive Ausdruckskraft seines tiefen Blicks und vermag den Zuschauer von Anfang an zu fesseln. Nicht minder bewundernswert ist auch die Leistung der anderen Schauspieler – die es zugegebenermaßen nicht immer leicht haben, neben dem Titanen Phettberg zu bestehen –, und die Handlung dort geschickt vorantreiben, wo längere Dialoge Phettbergs Sprachzentrum überfordern würden. Rainer Meifert überzeugt in der Rolle des abgewrackten Sohnemanns und Sonnyboys, der aber – und dies ist die weitere Besonderheit dieses Films – ebenso von seinem ersten Auftritt an die Sympathie des Publikums auf seiner Seite weiß. Dadurch kann Pfander bis zuletzt eine Spannung aufrechterhalten, die dem Publikum den endgültigen Ausgang der Handlung offen lässt, indem er zwei Sympathieträger geschickt gegeneinander ausspielt. Als gescheiterte Existenz schafft es Meifert alias Konstantin von Hohenholz, sich gerade einmal so über Wasser zu halten, wobei eine tadellose Hanni Bergesch in der Rolle als Prostituierte Nadja an seiner Seite die letzte Stütze darstellt. Ein Paar, wie füreinander bestimmt, sich durchs Leben treiben zu lassen und irgendwo noch glücklich zu stranden – oder unterzugehen. Dem gegenüber steht die junge Generation in den Figuren des verträumten Pflegers Jean-Jaques (hervorragend spitzbübisch: Henning Gronkowski) und der sinnlich-erotischen Paulina Weiner als Nadjas junge Tochter. Der gegenseitigen Anziehungskraft ihrer Körper erlegen, darf jedoch bezweifelt werden, ob die Jugend es später vielleicht wirklich besser als die vorherige Generation machen wird. So weitet sich das Drama ums Haus Hohenholz letztlich auch zum Konflikt über drei Generationen aus.

Daniel Pfander beherrscht sein Handwerk als Filmemacher, wenngleich das minimale Budget des Films Nachtaufnahmen nur in bescheidener Qualität zulässt. Allein, dies tut dem Unterhaltungswert keinen Abbruch, wird der Zuschauer doch mit anderen großartigen Aufnahmen entschädigt. Absoluten Höhepunkt dieses durchaus auch tragikomischen Streifens, stellt die Teeszene dar, als der alte Herr von Hohenholz seinen Sohn samt Entourage zum Tee im Salon des Schlosses empfängt. Man kann hierbei mit Fug und Recht behaupten, dass Pfander es geschafft hat – zumindest für einen kurzen Augenblick – Phettbergs altes Feuer zu entfachen und die Auswirkungen seiner Erkrankungen zu überwinden. Allein dafür gebührt ihm das Prädikat der Unsterblichkeit.

Philipp Porta, Theater-, Film- und Medienwissenschaftler aus Wien